Tratschozid gegen STERN

KRANKHEIT IM RECHT teilt mit:

Rechtsanwältin Ingeborg Muhler
Mannheim

 

Einschreiben-Rückschein
An den
STERN
Am Baumwall 11

20444 Hamburg

Datum: 20. Juni 1997

Nachrichtl.: Rhein-Neckar-Zeitung; Konkret Literatur Verlag; FR; FAZ; ARD; NDR; WDR

Letzte Abmahnung vor Klageerhebung

Im STERN Nr. 26 vom 19. Juni 1997 haben Sie auf S. 45 in dem Artikel ‘Der deutsche Herbst’ mit Bezug auf das Sozialistische Patientenkollektiv folgende Falschbehauptung aufgestellt:

"... Sieglinde Hofmann, geboren 1945, Arzthelferin, über das Sozialistische Patientenkollektiv Heidelberg zur RAF gestoßen. ... "

Die Behauptung ist rechtswidrig. Sie ist geeignet, unter anderen die Unterzeichnerin in ihrer Eigenschaft als aktive Teilnehmerin am Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK ) von 1970 bis 1971 in ihrer persönlichen Ehre zu verletzen und diese Behauptung ist zudem unwahr. Die Unterzeichnerin ist durch die inkriminierte Behauptung in ihren Rechten verletzt, insbesondere in den durch die §§ 130, 185 ff StGB geschützten Rechten. Außerdem ist sie durch Mandat, insbesondere durch den Gründer des SPK, Huber WD, Dr.med., ass. prof., gehalten, sämtlichen Falschberichten rechtlich entgegenzutreten.

Die Verletzteneigenschaft ist, auch bei Nicht-Vergleich mit dem nie verjährenden NS-Holocaust, aktuell.

Merke und beachte!:
Das SPK hatte und hat
- nichts zu tun mit RAF
- nichts zu tun mit Polit-Aktivisten, sog. 68er-Bewegung
- nichts zu tun mit sog. Selbsthilfegruppen und Betroffenenverbänden
- nichts zu tun mit sog. Antipsychiatrie bzw. medizinischen oder außer-
medizinischen Fachdisziplinen,
sondern mit Krankheit versa Iatrokapitalismus.

Was die RAF betrifft, so mußte jeder seine Bereitschaft unter Beweis stellen, das SPK oder was an Personen übrig war, überhaupt alles Patientenhafte, zu liquidieren.

Zu Ihrer Falschbehauptung im Einzelnen:

Im Übrigen und nur weil es bezeichnend ist für Ihre tendenziöse Art der Berichterstattung: bei Frau Hofmann war, jedenfalls und insbesondere zu SPK-Zeiten (1970/71), und nicht nur für die Unterzeichnende bis hin zum Zeitpunkt des hier inkriminierten STERN-Artikels (1997!), Frau Hofmann betreffend, niemals auch nur die Rede von einer Tätigkeit als "Arzthelferin" (gesetzlich geschützter Ausbildungsberuf immerhin!) in gleichgültig welchen Belangen. Vielleicht hat ein Stammheimer Richter so ganz auf die STERN’sche "Arzthelferin" vergessen bei der Verurteilung. STERN mit dem offensichtlichen Ehrentitel Arzthelferin sonach die nach-richtende Instanz in freier Selbsternennung? Wer einem anderen eine (Betäubungs-)Spritze gibt, erspart dem Arzt die Dreckarbeit, und daher wohl der Name Arzthelferin. In der Tat mag Frau Hofmann gut und gern die Arzthelferin gewesen sein, als die sie der STERN in vielleicht unbeabsichtigter Hellsichtigkeit bezeichnet. Fürwahr, Durchblick gehört zum Handwerk, unbedingt. Mit dem SPK, ganz zu schweigen von dem zugehörigen Kalendarium aber (nach G.W.F. Hegel und schon seit Immanuel Kant eine der so beachtlichen, wie andererseits allerelementarsten Kategorien) - 1971 ist eben nicht 1977!, wer wenigstens zählen und rechnen gelernt hat, wenn schon nicht im Vollbesitz der kritischen Funktionen elementaren Unterscheidens und Urteilens - mit dem SPK und dem zugehörigen Kalendarium also hat dies weder in der Tat, geschweige denn in tatsächlicher Hinsicht auch nur das Geringste zu tun. Jeder Junkie, jede Krankenschwester, jeder Pfleger darf sogar intravenös spritzen, und subcutan und intramuskulär ja sowieso, wenn es der Arzt verantwortet. Es stand denn ja auch wohl bei Frau Hofmann kein Arzt zur Disposition. Falls dies der STERN gemeint hat, dann hätte er es ja auch hinschreiben können; daß schon seit den ersten Anfängen im SPK keiner und niemand als Arzt und eben genau und nur als Arzt hat zur Verfügung stehen dürfen, sondern jede und jeder Arzt und Patient zugleich war und weit und breit keinerlei Arzthelferin, keinerlei Arzthelfer, keinerlei karitative oder staatliche Sozialarbeit, darüber hat auch der STERN zeitnah noch zu berichten gewußt. Wie man sich doch aus dem Gedächtnis kommt, wenn es einem "STERN" geboten erscheint, Selbstverleugnung zu üben, nämlich Mogelarbeit Lichtjahre an seinen eigenen Dokumenten und Archiven vorbei. Daß die RAF, aber auch nur die RAF, immer wieder glaubte, Arzthelferinnen, Ärzte und sogar Medizinalassistenten nötig zu haben, darin gar nicht so unähnlich sonstigen Periodika, Ausdruck von Fremd- und Selbstschädigungsanankasmen in jedem militärischen Zusammenhang, steht auf manch’ anderem Blatt, stand aber schon im SPK und erst recht in allem substantiell und authentisch daraus Folgenden als möglicher Streitpunkt einer Entscheidung niemals auch nur zur Diskussion; denn: AUS DER KRANKHEIT EINE WAFFE MACHEN.

Die inkriminierten Äußerungen im STERN vom 19. Juni 1997 überschreiten und brechen klar und eindeutig die Grenzen jeglicher Berichterstattung im Rahmen jeglicher sogenannter und wie auch immer verstandener bzw. ausgelegter, d.h. interpretierbarer Pressefreiheit.

Hiermit ergeht letzte Abmahnung.

Im Wiederholungsfall wird Klage erhoben.

Inhalt der Klage:

Hiermit erhebe ich Klage gegen

  1. STERN, Das deutsche Magazin, Gruner & Jahr AG & Co., vertreten durch den Vorstand, Am Baumwall 11, 20444 Hamburg
  2. den Chefredakteur Dr. Werner Funk, zu laden über die Beklagte zu 1.
  3. Thomas Osterkorn, zu laden über die Beklagte zu 1.
  4. Frau Edith Kohn, zu laden über die Beklagte zu 1.

und stelle folgende Anträge:

  1. Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, folgende oder ähnliche Falschbehauptungen zu wiederholen, die sie in ihrer Ausgabe vom 19. Juni 1997 auf S. 45 in dem Artikel ‘Der deutsche Herbst’ mit Bezug auf das Sozialistische Patientenkollektiv aufgestellt haben:
  2. "... Sieglinde Hofmann, geboren 1945, Arzthelferin, über das Sozialistische Patientenkollektiv Heidelberg zur RAF gestoßen. ... "
     

  3. Den Beklagten wird angedroht, daß für jeden Fall künftiger Zuwiderhandlungen ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von DM 500.000.-- oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten gegen sie festgesetzt wird.
     
  4. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
     
  5. Das Urteil ist, notfalls gegen Sicherheitsleistung, vorläufig vollstreckbar.


Begründung

A

Die Beklagten haben im STERN vom 19. Juni 1997 auf S. 45 in dem Artikel ‘Der deutsche Herbst’ mit Bezug auf das Sozialistische Patientenkollektiv folgende Falschbehauptung aufgestellt:

"... Sieglinde Hofmann, geboren 1945, Arzthelferin, über das Sozialistische Patientenkollektiv Heidelberg zur RAF gestoßen. ... "

Die Behauptung ist rechtswidrig. Sie ist geeignet, unter anderen die Unterzeichnerin in ihrer Eigenschaft als aktive Teilnehmerin am Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK ) von 1970 bis 1971 in ihrer persönlichen Ehre zu verletzen und diese Behauptung ist zudem unwahr.

Die Unterzeichnende war von 1970 bis 1971 aktive Teilnehmerin im SPK. Sie ist durch die inkriminierte Behauptung in ihren Rechten verletzt, insbesondere in den durch die §§ 130, 185 ff StGB geschützten Rechten. Außerdem ist sie durch Mandat, insbesondere durch den Gründer des SPK, Huber WD, Dr.med., ass. prof., gehalten, sämtlichen Falschberichten rechtlich entgegenzutreten.

Die Verletzteneigenschaft ist, auch bei Nicht-Vergleich mit dem nie verjährenden NS-Holocaust, aktuell.

Beweis: Berichte wie der vorliegende im STERN, aktuelle oder vergangene und damit erst recht potentielle Verletzte gleichermaßen betreffend.

B

Die inkriminierten Äußerungen der Beklagten, hier: des Chefredakteurs und der Artikelverfasserin des STERN, überschreiten und brechen klar und eindeutig die Grenzen jeglicher Berichterstattung im Rahmen jeglicher so genannter und wie auch immer verstandener bzw. ausgelegter, d.h. interpretierbarer Pressefreiheit.

Weitere Begründung und Beweisanträge (gegebenenfalls Benennung von Zeugen, Sachverständigen, Beizug von Akten) bleiben vorbehalten.

Muhler
Rechtsanwältin